Quellenpräsentationen zum "Tag der Archive"
Der "Tag der Archive" findet in der Regel alle zwei Jahre statt und wird bundesweit vom Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. (VdA) initiiert. Durch diese Veranstaltung, der immer ein zentrales Rahmenthema gegeben wird, sollen die Archive und ihre Aufgaben stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit treten. Alle Archive in der Bundesrepublik Deutschland haben die Möglichkeit, sich am "Tag der Archive" zu beteiligen und sich und ihre Archivbestände im Rahmen des Mottos zu präsentieren. Die jeweiligen Quellenpräsentationen des Archivs LWL zu den verschiedenen Rahmenthemen der vergangenen Jahre finden Sie auf dieser Seite.
2018
Von der verwahrenden Heilanstalt zum psychiatrischen Fachkrankenhaus: Psychiatrie in Westfalen
Ein Blick in die Psychiatriegeschichte verdeutlicht, dass Demokratie, insbesondere der Schutz der Menschenrechte, und Psychiatriereform eng miteinander verknüpft sind. Dabei ist die vom Bundestag 1971 eingesetzte Psychiatrie-Enquete ein Meilenstein in der grundlegenden Umstrukturierung der psychiatrischen Versorgungslandschaft, die auch die bis dato beklagenswerte Situation in den LWL-Kliniken grundlegend verbesserte: Die Reduktion der Bettenzahl (siehe Abb. hierunter) ging mit dem Aufbau einer gemeindenahen Versorgung und der Bildung spezialisierter Einzelabteilungen einher, Behandlungsverfahren wurden modernisiert, die Einstellung von Fachpersonal forciert und dessen Qualifikation verbessert.
Die neuen Unterbringungs- und Behandlungsbedingungen fanden ihren Ausdruck unter anderem in der Verkleinerung der Bettensäle (siehe Abb. unten) und in der Verkürzung der durchschnittlichen stationären Aufenthaltsdauer. Augenfällig ist auch die Änderung der Klinikbenennungen im Laufe der Zeit (siehe Bild oben), die einen Anhaltspunkt für den Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung bieten. Während sie im 19. Jahrhundert noch als Provinzial-Irren-Anstalt firmierten, hießen sie in den 1950er-Jahren Landesheilanstalten und führen heute den Titel LWL-Kliniken.
1928
Heute
Bildnachweis Abbildung Poststempel: Geschichte und Geschichten, 1895 bis 1995. Hunter Jahre Westfälische Klinik für Psychiatrie Dortmund, Dortmund 1995
2016
Mit dem Auto durch Westfalen
Entwicklung der Infrastruktur
Durch die wachsende Industrialisierung stieg der Güter- und Personenverkehr an. Damit verbunden war auch der Wunsch nach größerer Schnelligkeit und komfortabler Fortbewegung. Der Aufschwung der Automobilindustrie im Verlauf des 20. Jahrhunderts führte zu steigenden Kraftfahrzeugzahlen auf den Straßen in Westfalen-Lippe.
Die Notwendigkeit von besser ausgebauten Verkehrswegen wurde schnell erkannt. Zwischen 1953 und 1970 verzehnfachten sich nahezu die Investitionen in den Ausbau und die Instandhaltung der Verkehrswege.
Obwohl in kürzester Zeit ein Autobahnnetz von circa 617 Kilometern entstand, konnte die Zunahme der Straßenlänge mit der Entwicklung der Kraftfahrzeuge nicht ganz Schritt halten.
Impulse für den Tourismus
Mobilität spielt im Tourismus eine zentrale Rolle. Zwangsläufig hat auch der 1910 gegründete Landesverkehrsverband Westfalen e.V. in seiner Satzung von 1913 die Förderung der Verkehrsangelegenheiten festgeschrieben. In dem Geschäftsbericht des Landesverkehrsverbandes für die Jahre 1930/1931 wird ausgeführt:
„Von Jahr zu Jahr wächst in allen Schichten der Bevölkerung, insbesondere auch bei den Behören und Organisationen die Erkenntnis von der großen wirtschaftlichen Bedeutung eines starken Fremdenverkehrs. … Das vergangene Jahr hat ferner gezeigt, daß auch dem Automobil als Zubringer neuen Fremdenverkehrs, insbesondere für unsere westfälischen Erholungsgebiete, eine stets wachsenden Bedeutung zukommt."
Der Landesverkehrsverband unterstützte diese Entwicklung mit der Herausgabe von Werbebroschüren und Gastgeberverzeichnissen, um so den Inlandstourismus anzukurbeln. Durch bessere und flächendeckendere Straßennetze sowie den ansteigenden motorisierten Individualverkehr gewann der Regionaltourismus immer mehr an Bedeutung. Diese Entwicklung wurde dadurch verstärkt, dass der PKW zwischenzeitlich die Bahn als bevorzugtes Verkehrsmittel ablöste.
Das Automobil erfreute sich im 20. Jahrhundert immer größerer Beliebtheit, wodurch es auch im Rahmen von Großveranstaltungen Tausende von Besuchern locken konnte.
In der Nachkriegszeit wurde die Infrastruktur der Naherholungsgebiete weiter ausgebaut. Dieser Trend wurde durch neue Kooperationen der regionalen Verkehrsorganisationen und der großen Reiseveranstalter immer gezielter gefördert.
2014
Frauen im Westfalenparlament
Spielen Frauen in der Politik eine Rolle?
Am 21.02.1921 fanden die ersten unmittelbaren Wahlen zum Provinziallandtag statt, auch konnten Frauen erstmalig Mitglied des Provinziallandtages werden. Von den 134 Abgeordneten waren nach dieser Wahl drei weiblich (2,2%). Bis 1930 stieg die Zahl der Frauen im Provinziallandtag auf neun an (6,5%), ein Wert, der bis 1989 nicht mehr erreicht wurde. Zu Beginn der jetzigen Wahlperiode wurden schließlich 32 Frauen (31,7%) in die Landschaftsversammlung gewählt.
Stadt oder Land? - Woher kommen die Frauen
Auffallend ist auch die regionale Herkunft der Parlamentarierinnen. So kam bereits seit 1921 ein Großteil der Frauen aus dem Ruhrgebiet, insbesondere aus den Großstädten Dortmund und Bochum. Dagegen waren und sind auch heute noch ländliche Regionen stark unterrepräsentiert.
Zur Illustration
Die beiden folgenden Karten verdeutlichen die regionalen Unterschiede. Die Einfärbungen kennzeichnen die Wohnorte der zu Beginn der Legislaturperiode berufenen Parlamentarierinnen des Provinziallandtages (1921 bis 1933) beziehungsweise der Landschaftsversammlung (2009 bis 2014). Bei mehrmaliger Berufung einer Person ist nur die erste Berufung berücksichtigt. Die Zuordnung ehemals selbstständiger Kommunen auf der Karte erfolgte nach dem Stand der kommunalen Gebietsreform der 1970er-Jahre.
- Blau = 1 Frau je Gebietskörperschaft
- Orange = 2 Frauen je Gebietskörperschaft
- Grün = 3 Frauen je Gebietskörperschaft.
Haben Frauen auch politischen Einfluss?
Nicht nur die Anzahl der weiblichen Abgeordneten hat sich verändert, sondern sie bekleiden auch wichtigere Positionen. Während 1925 der Landschaftsausschuss nur von Männern gebildet wurde (siehe Bild rechts), gehören ihm 2014 sechs Frauen (35,3%) an.
Welche Parteien schicken Frauen ins Parlament?
Interessant ist auch zu sehen, zu welchen Parteien die weiblichen Abgeordneten des Provinziallandtages und der Landschaftsversammlung gehören. Dabei ist zur berücksichtigen, dass die Grünen erst seit 1984 in der Landschaftsversammlung vertreten sind, und dies auch mit nur 9 bis 13 Abgeordneten je Wahlperiode, bei einer Parlamentsgröße von 100 bis 135 Abgeordneten.
Quellen:
- Diagramm 1: Auswertung nach:
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archiv LWL, Best. 103/197, 489, 575, 706, 794, 896, 1100
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archiv LWL, Best. 843/75, 1490, 3295, 3296, 5218, 5871
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archivbibliothek, VWA 70/63, 70/70, 70/75, 70/79
- Diagramm 2: Auswertung nach:
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archivbibliothek, VWA 70/63, 70/70, 70/75, 70/79
- Diagramm 3: Auswertung nach:
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archiv LWL, Best. 103/197, 489, 575, 706, 794, 896, 1100
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archiv LWL, Best. 843/75, 1490, 3295, 3296, 5218, 5871
- Karte 1: Auswertung nach:
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archivbilbiothek, VWA 70/63, 70/70, 70/75, 70/79
- Karte 2: Auswertung nach:
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archiv LWL, Best. 843/5871
Bildnachweis:
- Bild "Sitzung des Provinzialausschusses 1925":
- LWL-Medienzentrum für Westfalen, Archivnummer 10_3207, © LWL-Medienzentrum für Westfalen
Abgeordnete im Portrait
Abgeordnete der CDU-Fraktion der Landschaftsversammlung 1983 bis 2009
Friederike Nadig 1897 - 1970
„Gleichberechtigung der Frau bedeutet auch gleiche Verantwortung"
Friederike Nadig, Postwurfsendung
„Im Parlamentarischen Rat ist die deutsche Frau zahlenmäßig viel zu gering vertreten"
Friederike Nadig, „Die neue Zeitung" vom 25.09.1948
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Lebenslauf Friederike Nadig 11. Dez. 1897 Friederike Nadig wird in Herford als Tochter der Näherin Luise Nadig und des Tischlers Wilhelm Nadig geboren. Ihr Vater war von 1919 bis 1931SPD-Abgeorneter des westfälischen Provinziallandtages. 1914 - 1916 1914 Eintritt in die Sozialistische Arbeiterjugend, 1916 in die SPD 1914 - 1920 Tätigkeit als Verkäuferin 1920 - 1922 Besuch der Sozialen Frauenschule in Berlin, Staatsexamen als Wohlfahrtspflegerin und Anstellung beim Jugendamt Bielefeld 1930 - 1933 SPD-Abgeordnete des westfälischen Provinziallandtages bis zu seiner Auflösung im Jahr 1933, in Fürsorge- und Wohlfahrtsausschüssen tätig 1933 Fristlose Entlassung aus politischen Gründen nach über 10-jähriger Beschäftigung beim Jugendamt Bielefeld 1947 Einberufung in den Zonenbeirat sowie bis 1950 Mitglied des Landtages NRW 1948 Entsendung durch die SPD in den Parlamentarischen Rat. Sie galt als eine der „vier Mütter des Grundgesetzes" 1949 - 1961 Abgeordnete des deutschen Bundestages Dez. 1961 Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes für ihre Verdienste „zur Festigung des demokratischen Gedankens vor allem bei der weiblichen Bevölkerung" 1970 Verleihung der Marie-Juchacz-Plakette, durch den AWO-Bundesvorstand für ihr außerordentliches Engagement 14. Aug. 1970 Friederike Nadig stirbt. Ein Teil ihres Erbes ging in die „Frieda Nadig Stiftung" ein, die Senioren in AWO-Einrichtungen die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen ermöglicht.
Maria Seifert 1937 - 2020
2. Mai 1937 | Maria Seifert wird geboren |
1937 - 1972 | Ausbildung zur Industriekauffrau, Mutter von zwei Kindern |
1972 | Eintritt in die CDU |
1976 | Beginn ihrer politischen Tätigkeit im Rat der Stadt Gladbeck |
1983 | Abgeordnete im Kreistag des Kreises Recklinghausen |
1983 | Übernahme des Abgeordnetenmandates in der Landschaftsversammlung als Vertreterin des Kreises Recklinghausen |
1983 - 2009 | Mitglied der Landschaftsversammlung; Tätigkeit im Sonderschulausschuss, im Sozialausschuss, im Landesjugendhilfeausschuss (von 1999 bis 2009 als dessen Vorsitzende), im Ausschuss für Jugendheime sowie im Landschaftsausschuss |
1989 - 2009 | Tätigkeit als Stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Gladbeck |
1995 - 1999 | Stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung |
1999 - 2002 | 2. Stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung |
2002 - 2009 | Wahl zur Vorsitzenden der Landschaftsversammlung |
13.Nov. 2008 | Verleihung der Freiherr-von-Stein-Medaille in Gold als höchste Auszeichnung des LWL für Ihre „Dienste um den Menschen in der Region" |
September 2009 | Ausscheiden aus der Kommunalpolitik nach 33 Jahren Tätigkeit |
21. Mai 2020 | Maria Seifert stirbt im Alter von 83 Jahren. |
Quellen:
- Zitate Friederike Nadig zittiert nach:
- Gisela Notz, Frauen in der Mannschaft, Sozialdemokratinnen im Parlamentarischen Rat und im Deutschen Bundestag 1948/1949 - 1957
- Lebenslauf Friederike Nadig:
- Ebd.
- Lebenslauf Maria Seifert:
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archiv LWL, Best. 115/212,
- https://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/haupt.php?urlNeu=
- https://www.lwl.org/de/LWL/Der_LWL/newsroom/
Bildnachweis:
- Bild Friederike Nadig:
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archiv LWL, Best. 841/Bildnr. 1111
- Bild Maria Seifer:
- LWL-Archivamt für Westfalen, Archiv LWL, Best. 115
2012
Der Provinzialverband Westfalen in der NS-Zeit
Öffentliche Verwaltung ist stets auch ein Spiegelbild der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Einblicke in die Arbeit des Provinzialverbandes Westfalen in der NS-Zeit dokumentieren die katastrophalen Auswirkungen der NS-Ideologie.
„Rassenhygienische" Maßnahmen wurden in den psychiatrischen Kliniken und den Einrichtungen der Jugendpflege umgesetzt.
Auch der Bereich Kultur war von einschneidenden Regelungen betroffen. So wurden unter anderem die Museen angewiesen, „ entartete Kunst" aus ihren Häusern zu entfernen.
Den Akteuren in Politik und Verwaltung kam eine besondere Rolle zu. Landeshauptmann Kolbow übernahm sein Amt als zweithöchster Repräsentant des Provinzialverbandes bald nach der Machtergreifung der NSDAP. Den Zielen der Partei stand er ursprünglich nahe, allerdings führten kritische Äußerungen gegen Ende des Krieges dazu, dass er für die NSDAP in seinem Amt nicht mehr tragbar war und 1944 aus der Partei ausgeschlossen wurde.
Die Arbeit des Provinzialverbandes wurde zunehmend durch Kriegseinwirkungen erschwert. Die Zerstörung von Verwaltungsgebäuden durch Bombenangriffe führte schließlich zur Auslagerung der Verwaltung in entlegenere Landesteile.
Bildnachweis:
- Bild Karl Friedirch Kolbow: LWL Medienzentrum
2010
„Aktion T4"
Als „Aktion T4" wurde die systematische Ermordung von Psychiatriepatienten und behinderten Menschen im Dritten Reich bezeichnet. Auch aus den westfälischen Provinzialheilanstalten wurden Patienten über sogenannte Zwischenanstalten in die Tötungsanstalten verlegt, um sie dort zu ermorden. Die „Gemeinnützige Krankentransport GmbH" führte die Verlegung der Patienten durch.
Allein im Jahr 1941 wurden aus den westfälischen Heilanstalten Aplerbeck, Eickelborn, Gütersloh, Lengerich, Münster, Marsberg und Warstein mehr als 2000 Patienten in Tötungsanstalten verlegt.
Die jeweiligen westfälischen Heilanstalten wurden per Telegramm über freie Kapazitäten in den Zwischenanstalten in Kenntnis gesetzt. um Patienten dorthin zu verlegen.
Aus den Zwischenanstalten wurden die Patienten mittels abgedunkelter Busse dann nach und nach in die Tötungsanstalten befördert. Am Zielort angelangt fuhren die Busse in eine Garage, von wo aus die Patienten über einen Schleusengang die Klinik betraten.
In den Tötungsanstalten wurden die Patienten zu einer kurzen Untersuchung einem Arzt vorgeführt, der letztendlich die später einzutragenden Todesursache vermerken sollte. Nach der Ermordung der Patienten wurden auf Grundlage gefälschter Angaben über die Todesursache die sogenannten „Trostbriefe" an die Angehörigen verschickt.