Archivbau und Magazinierung
Nicht jeder leerstehende Raum eignet sich für ein Archiv. Raumklima, Kapazität und Statik, aber auch die Anordnung und Ausstattung der Räume entscheiden über die Erhaltung des Archivguts im Magazin und die Arbeitsabläufe im Archiv. Das LWL-Archivamt bietet Ihnen deshalb kostenlose Beratung und Tipps bei der Einrichtung Ihres Archivs an.
Anforderungen an Archivbauten
Die aufgeführten Anforderungen ergeben sich im Wesentlichen aus DIN ISO 11799 (Anforderungen an die Aufbewahrung von Archiv- und Bibliotheksgut), DIN 67700 (Bau von Bibliotheken und Archiven - Anforderungen und Empfehlungen für die Planung) und DIN EN 16893 (Erhaltung des kulturellen Erbes - Festlegungen für Standort, Errichtung und Änderung von Gebäuden oder Räumlichkeiten für die Lagerung oder Nutzung von Sammlungen des kulturellen Erbes).
Kriterien bei der Auswahl des Standorts
- keine Umweltbelastungen durch Industrie oder Verkehr
- keine Gefahr durch Hochwasser oder aufsteigendes Grundwasser
- gute Erreichbarkeit für Benutzer, zur Anlieferung der Akten und im Notfall für die Feuerwehr
- Nähe zur Verwaltung
Räumlich getrennte Funktionsbereiche
Öffentlichkeitsbereich
Anforderungen an einen Lesesaal, in dem Benutzerinnen und Benutzer unter Aufsicht Archivalien einsehen können:
- ausreichende Größe für mehrere Einzelarbeitsplätze, auch für Schulklassen
- Platz für die Lesesaalaufsicht und die Ausgangskontrolle
- ausreichende Beleuchtung, möglichst durch Tageslicht
- mehrere Benutzertische von ausreichender Größe für die Urkunden, Akten und Karten sowie zusätzliches Schreibmaterial wie Papier oder Laptop
- möglichst Stromanschlüsse für Laptops
- Platz für die Handbibliothek
- Schließfächer und Benutzertoilette in der Nähe
- Nützlich ist zusätzlich ein Vortragsraum und Platz für Ausstellungen zum Beispiel im Foyer
- Barrierefreiheit
Büro- und Technikbereich
- Bürobereich: mindestens ein Zimmer für den Archivar oder die Archivarin, ca. 20 Quadratmeter, Ausstattung:
- ein ausreichend großer Arbeitstisch
- ein Computer-Arbeitsplatz
- Regale für die Handbibliothek und die Handakten
- ein Besprechungstisch
- ein Handwaschbecken
- Technikbereich: technische Bearbeitung der Akten erfordert mindestens:
- ein Quarantäne- oder "Schwarz-"Raum für die Sichtung und Lagerung von schimmelpilzkontaminiertem Archivgut
- ein Raum für die Säuberung der Akten, Entfernung von Metallteilen und Umbettung der Akten in säurefreie Archivmappen
- ein Lagerraum für Archivschachteln, Archivmappen und ähnliches Gebrauchsmaterial
- ein Technikraum für Kopierer bzw. Scanner, Microfilmlesegeräte, Faxgeräte und ähnliches
Magazin
Mindestanforderungen an das Magazin, in dem das Archivgut dauerhaft gelagert wird:
- relative Luftfeuchtigkeit: 50% mit einer Abweichung von maximal 5%, denn schon bei 60% relativer Luftfeuchtigkeit entwickelt sich Schimmel
- Raumtemperatur: 16° C +/- 2° C
- ausreichend Platz für das vorhandene und in den nächsten 20 bis 30 Jahren zu erwartende Archivgut
- Statik: 500 kg/m2 bei Standregalen bis 2,50 Meter Höhe; 1000 kg/m2 bei Rollregalen bis 2,50 Meter Höhe
- keine ungeschützten Wasser oder Strom führenden Leitungen an den Decken zur Vermeidung von Wasserschäden und Funkenflug. Eventuell vorhandene Leitungen müssen notfalls mit Wannen unterfangen werden.
Als Faustformel für das Verhältnis zwischen Aktenmenge und Magazinfläche gilt:
- Bei Standregalen: Umfang Archivgut [lfdm] / 5 = Umfang Magazinfläche in Quadratmeter
- Bei Kompactusanlagen: Umfang Archivgut [lfdm] / 9 = Umfang Magazinfläche in Quadratmeter
Dabei ist 1 lfdm Akten ein Aktenstapel von 1 Meter Höhe beziehungsweise ein Stapel von neun Archivkartons (ca. 12 cm Höhe). Sechs Archivkästen (ca. 17 cm Höhe) bilden ebenfalls 1 laufenden Meter Akten. Diese Regeln gelten für große, rechtwinkelig geschnittene Räume ohne Stützen. In allen Fällen geben sie nur das Minimum des Flächenbedarfs an.
Ist eines der aufgeführten Kriterien für das Magazin nicht erfüllt und auch mit vertretbarem technischem Aufwand nicht erfüllbar, ist der Raum als Magazin definitiv ungeeignet. Schäden durch falsche Lagerung verursachen erhebliche Folgekosten.
Grundsätze zur Einrichtung und Ausstattung von Archivgebäuden
Das Gebäude muss gegen Einbruch, Diebstahl und Vandalismus geschützt sein. Zum Schutz vor Feuer sind in den Magazinen und auf allen Fluren Feuermelder, die zu einer rund um die Uhr besetzten Leitstelle aufgeschaltet sind, erforderlich.
Öffentlichkeits- und Bürobereich
- Fußböden und Mobiliar müssen schwer entflammbar sein und dürfen Staub weder absondern noch anziehen oder binden. Sie müssen regelmäßig gereinigt werden.
- Das Klimagefälle zwischen Magazin und Öffentlichkeits- und Bürobereich darf nicht zu groß sein, damit Schäden aufgrund von Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen vermieden werden.
Magazin
- Möglichst dicke, gut isolierte Außenwände für ein stabiles Raumklima
- Möglichkeit von kontrollierter Frischluftzufuhr
- Kalkputz, der mit diffusionsoffener Kalkfarbe überstrichen ist, als Feuchtigkeitsregulator
- Schutz vor UV- und Infrarotstrahlung durch Jalousien, Rollos oder Folien an den Fenstern
- Gegebenenfalls wasser- und stromführende Leitungen mit Wannen unterfangen
- Wasserstandmelder in Kellerräumen
- Leuchtstofflampen mit Lichtdiffusor und maximal 75 W/Im UV-Anteil
- 40 cm tiefe pulverbeschichtete Regale mit vergitterten Seitenwänden für Urkunden und Akten, Planschränke im Format DIN A1 und größer für Karten, Pläne und Plakate
- Datenlogger zur kontinuierlichen Überwachung des Raumklimas
Nichtstaatliche Archive in Westfalen-Lippe können für Maßnahmen zur Einrichtung eines Archivs Fördermittel vom LWL-Archivamt erhalten. Voraussetzung dafür ist, dass vorher eine Beratung stattgefunden hat und dass die Maßnahmen zuvor mit dem LWL-Archivamt abgestimmt wurden.
Magazinierung
Archive können dem gesetzlichen Auftrag, Archivgut auf Dauer zu erhalten, nur dann nachkommen,
- wenn der Magazinraum fachgerecht eingerichtet ist und
- über ein geeignetes Raumklima verfügt sowie
- alterungsbeständige Verpackungsmaterialien verwendet werden.
Auf dieser Seite finden Sie nützliche Grundinformationen dazu.
Als besonderen Service bietet das LWL-Archivamt den Weiterverkauf archivgerechter Verpackungsmaterialien zum Selbstkostenpreis an. Dieser Service richtet sich an die nicht-staatlichen Archive in Westfalen-Lippe.
Anforderungen an archivgerechte Regalanlagen
Um als archivgerecht gelten zu können müsse Regalanlagen folgende Kriterien erfüllen:
- aus Stahl
- maximal 2.350 mm hoch, in Ausnahmen bis 3.000 mm
- fünf Gefache (begründete Ausnahmen möglich) + einen weiteren Fachboden als Deckel mindestens 150 mm unter der Decke
- Vorsatzwände vergittert oder gelocht mit Aufnahmevorrichtungen für Hinweisschilder (DIN A 6)
- pulverbeschichtet (verzinkt oder unverzinkt)
- dreifach abgekantet
- Regalböden:
- Regaltiefe: 40 cm
- Regallänge 120 oder 100 cm
- Belastung: 62 kg/lfdm
- Statik:
- > 500 kg/m2, 5 lfdm/m2 Standregale (Glauert: 750-1250 kg/m2 )
- > 1000kg/m2, 8 1/3 lfdm/m2 Rollregale (Glauert: 1250-1500 kg/m2)
- Sockelhöhe: circa 15 Zentimeter zum Schutz vor Wasserschäden
- Abstand Regal-Außenwand: mindestens 20 cm (18 cm bei Rollregalen)
- Abstand von Innenwand: mindestens 5 cm zum Schutz vor Papierfischchen
- Abstand Regal-Decke: Mindestens 15 cm
- Abstand oberster Karton - darüber liegender Regalboden: mindestens 5 cm
- Gütesiegel: RAL-RG 614/1 Fachbodenregale, RAL-RG 614/4 verfahrbare Regale, RAL-RG 614/8 Schubladenschränke